1. Einleitung
Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit steht zumeist das Handeln als Einzelkaufmann oder Einzelkauffrau. Wird man gemeinsam mit einem oder mehreren Partnern aktiv, bildet man, ohne dass es weiterer Formalitäten bedarf, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine GbR, die auch BGB-Gesellschaft genannt wird. Rechtsgrundlage für die GbR ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Von rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland werden 2,1 Millionen als Einzelunternehmen geführt, nur knapp 700.000 als Kapitalgesellschaften.
2. Tätigkeit als Einzelkaufmann/Einzelkauffrau
2.1. Abgrenzung Vollkaufmann/Minderkaufmann
Mit zunehmender Geschäftstätigkeit und steigenden Gewinnen entsteht die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister. Der Einzelkaufmann wird dann zum eingetragenen Kaufmann (e.K.), die GbR wird zur OHG. Damit werden die Akteure zu Vollkaufleuten, ihre Kolleginnen und Kollegen ohne einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nannte man früher Minderkaufleute. Heute sagt man, erst der Vollkaufmann ist ein Kaufmann, er wird definiert nach § 1 Handelsgesetzbuch (HGB) und unterliegt den Bestimmungen des HGB, des Sonderprivatrechts der Kaufleute.
Der Kioskbetreiber um die Ecke ist damit wohl ein Minderkaufmann, er fällt nicht unter die strengeren Bestimmungen des HGB.
Die Tätigkeit als Einzelkaufmann oder Einzelunternehmer ist jedoch riskant. Das Problem liegt in der Vermischung von Unternehmen und Privatsphäre. Zum Vermögen des Einzelunternehmers gehören private und geschäftliche Dinge, sein Fahrzeug, sein Motorrad, seine Eigentumswohnung, wie will man das alles voneinander abgrenzen?
2.2. Die Haftung des Einzelkaufmanns
Der Einzelkaufmann, die Einzelkauffrau, auch die GbR und die OHG haften mit ihrem gesamten privaten Vermögen. Sie haften, wie man das in der Berufsschule lernt, „persönlich, unmittelbar, unbeschränkt“. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens geht der Einzelunternehmer direkt in die Privatinsolvenz.
Ein entscheidender Begriff ist hier also die Haftung. Unter Haftung versteht man das Einstehen für die Erfüllung einer Pflicht. Für den Einzelkaufmann bedeutet dies das Einstehen mit seinem gesamten Vermögen, dem betrieblichen und dem privaten. Dieses Einstehen kann aus der Erfüllung eines Vertrages, aus deliktischer Haftung, aus Gefährdungshaftung, aus Produkthaftung, aus Produzentenhaftung, aus Arbeitgeberhaftung, aus Umwelthaftung und aus noch viel mehr Haftungsgründen herrühren. All diese Haftungsfälle können zum Bankrott des Einzelunternehmers führen. Das gilt im gleichen Masse für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich aus zwei oder mehr Einzelkaufleuten bildet. Das Eintreten des Haftungsfalles ist für den Einzelunternehmer nicht vorhersehbar und damit ein unkalkulierbares Risiko. Eine Beschränkung der Haftung und damit des finanziellen Risikos ist daher dringend geboten.
2.3. Einzelunternehmen im Erbfall
Auch im Erbfall ist das Einzelunternehmen denkbar ungünstig. Beim Tod des Einzelunternehmers geht das von ihm betriebene Unternehmen mit allem was dazugehört ungeteilt in den Nachlass. Der Erbe und jeder Miterbe wird unmittelbar zum Mitunternehmer. Sind zwei oder mehr Erben vorhanden, geht das Unternehmen in das Eigentum der Erbengemeinschaft. Eine Erbengemeinschaft ist jedoch nicht auf aktive Tätigkeit am Markt ausgerichtet. Die Erbengemeinschaft ist keine rechtsfähige Gemeinschaft. Es entstehen Probleme ohne Ende. Schon vor dem Erbgang sollte daher das Ziel sein: Heraus aus dem Einzelunternehmen oder der GbR und hinein in die Handelsgesellschaft!
3. Die Handelsgesellschaft
Was ist eine Handelsgesellschaft? Dieses Kunstprodukt ist ganz auf die Bedürfnisse der Unternehmensführung zugeschnitten. Das Handels-gesetzbuch (HGB) versteht unter Handelsgesellschaften die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft. Doch auch hier ist eine persönliche Haftung möglich. Bei der OHG haften alle Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der OHG. Bei der KG haftet der Komplementär persönlich und unbeschränkt. Ganz anders ist dies bei den Kapitalgesellschaften. Hier haftet das Kapital der Gesellschaft unbeschränkt, nicht jedoch der Gesellschafter selbst. Auch die Kapital-gesellschaften sind Handelsgesellschaften, somit für den Zweck der Unter-nehmensführung vorgesehen. Kapitalgesellschaften sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG). Zwar haftet die Gesellschaft selbst mit ihrem gesamten Vermögen, nicht jedoch die Gesellschafter der GmbH mit ihrem Privatvermögen. Diese können lediglich ihren Anteil am Stammkapital der GmbH verlieren.
Das Wort „Gesellschaft“ bei Handelsgesellschaft und Kapitalgesellschaft ist irreführend. Denn längst gibt es eine Einmann-GmbH (seit 1981). Damit kann eine GmbH als Kapitalgesellschaft von einer einzigen Person gegründet und geführt werden. Selbst eine GmbH & Co. KG kann von einer einzigen Person errichtet und betrieben werden.
Jeder verantwortungsvolle Unternehmer, gleich ob er alleine oder mit Partnern tätig ist, sollte den Gang zum Notar nicht scheuen und eine Handelsgesellschaft oder Kapitalgesellschaft gründen.
Hier wird der Begriff der „juristischen Person“ wichtig. Dies ist nicht etwa die Person eines Juristen wie Richter oder Staatsanwalt, sondern die Bezeichnung einer Gesellschaft, die so wie eine natürliche Person auch mit Rechten und Pflichten versehen ist. Juristische Person ist eine Personenvereinigung oder ein Zweckvermögen, die rechtliche Selbstständigkeit erlangt. Nach Friedrich Carl von Savigny, ein deutscher Rechtsgelehrter von 1779 bis 1861, ist die juristische Person ein gedachtes Etwas, eine Fiktion, die nicht selbst handeln kann, dazu braucht sie ihre Organe. Juristische Personen des privaten Rechts sind der eingetragene Verein, die GmbH und die Aktiengesellschaft. Die GbR, die KG und die OHG werden als „unvollkommene“ juristische Personen betrachtet, doch auch sie besitzen eine eigene Rechtsfähigkeit.
Der Unternehmer, der eine eigene GmbH gegründet hat, womöglich ganz alleine, muss gedanklich zwischen der GmbH und seiner eigenen Person unterscheiden. Die GmbH führt ein eigenes Leben und hat eigene Interessen. Dies kann soweit gehen, dass die vom Unternehmer ins Leben gerufene GmbH gegen den Unternehmer klagt, weil er ihre Interessen geschädigt hat. So sagt der Bundesgerichtshof, das Vermögen der GmbH ist für den Geschäftsführer fremdes Vermögen. Er hat bei seiner Geschäftsführung stets die für ihn fremden Vermögensinteressen der GmbH zu wahren. Tut er dies nicht, macht er sich der Untreue schuldig. Dann haftet der Geschäftsführer (und meist Eigentümer) der GmbH dieser zivilrechtlich auf Schadensersatz und macht sich zusätzlich wegen Untreue strafbar.
Doch das Eigenleben der GmbH als juristische Person führt eben auch dazu, dass diese alleine haftet und auch alleine insolvent werden kann. Somit ist die juristische Person die ideale Grundlage für selbständiges wirtschaftliches Handeln. Welche Rechtsform sollte nun gewählt werden?
Den einfachsten Einstieg bietet die GmbH, wobei dies kein Einstieg bleiben muss, denn die GmbH ist eine solide und rechtssichere Rechtsform. Zudem lässt sie sich zur GmbH & Co. KG erweitern, einer Kommanditgesellschaft „mit beschränkter Haftung“. Eine erste Hürde stellt das Stammkapital dar, dass mindestens 25.000,-- € betragen muss. Hiervon muss die Hälfte eingezahlt werden, also 12.500,-- €. Der Gründer muss also über 12.500,-- € in bar oder in Sachanlagen verfügen. Die Werthaltigkeit von Sachanlagen wird überprüft und kann Gegenstand von Streitigkeiten mit den Behörden sein.
Die Geburt der GmbH erfolgt durch ihre Eintragung ins Handelsregister. Ab diesem Zeitpunkt haften die Gesellschafter der GmbH nicht mehr, sondern die GmbH selbst haftet mit ihrem gesamten Vermögen, das zu diesem Zeitpunkt 25.000,-- € betragen kann. Dieses Vermögen kann aber auch schon geringer sein, wenn Gründungskosten getragen wurden, und es kann auch höher sein, wenn schon Umsätze und Gewinne getätigt wurden.
Doch nicht jeder Unternehmensgründer kann das Mindestkapital von 25.000,-- € aufbringen. Zum Glück gibt es die Unternehmergesellschaft (UG) haftungsbeschränkt, eine Form der GmbH, die ein Stammkapital von nur einem Euro zulässt. Die UG wurde als Alternative zur britischen Limited geschaffen, die ebenfalls mit einem Euro Stammkapital gegründet werden kann. Die UG ist eine Vorstufe zur ordentlichen GmbH, wird jedoch rechtlich als GmbH betrachtet. Sie ist damit eine juristische Person, führt also ein eigenständiges rechtliches Leben. Sacheinlagen sind bei der UG nicht zulässig. Jedes Jahr muss ein Viertel des Gewinns der UG in eine Rücklage gesteckt werden, bis die Rücklage zusammen mit dem Stammkapital den Betrag von 25.000,-- € erreicht. Dann kann das Stammkapital auf diesen Betrag erhöht werden und es ist eine normale GmbH entstanden, die nicht mehr als „UG (haftungsbeschränkt)“ firmieren muss. Der Zusatz „haftungsbeschränkt“ muss übrigens bei der UG immer angegeben werden.
Damit ist die UG ein wunderbarer Einstieg in die Welt der GmbH. Und die GmbH eröffnet weitere interessante Möglichkeiten in Kombination mit einer Personengesellschaft wie OHG oder KG. Dann lässt sich eine GmbH & Co. KG oder eine GmbH & Co. OHG gründen. Letztere ist in der Wissenschaft und Lehre weitgehend unbekannt, in der Praxis jedoch recht beliebt. Sie ist eine OHG, deren Gesellschafter Kapitalgesellschaften sind. Wobei die GmbH & Co. OHG schon in einer höheren Klasse spielt, dagegen ist die GmbH & Co. KG eine beliebte Rechtsform für Mittelständler und Familienbetriebe.
Die Eigentümer der UG oder der GmbH nennt man Gesellschafter. Dies kann eine einzelne Person sein, wobei dann der Begriff „Gesellschafter“ etwas seinen Sinn verliert. Hier stellt sich die Frage, ob der oder die Gesellschafter als Arbeitnehmer oder als Unternehmer gelten. Der Unternehmer ist sozialversicherungsfrei und nicht verpflichtet, in die Sozialversicherung Beiträge einzuzahlen. Dies ist kein Problem bei der Einpersonen-GmbH oder UG, denn der 100%-Gesellschafter ist immer Unternehmer. Bei zwei oder mehr Gesellschaftern legt die Deutsche Rentenversicherung fest, dass ab einem Anteil am Stammkapital von 50% die Unternehmereigenschaft vorliegt. Der Gesellschafter mit 50% oder mehr Anteil am Stammkapital kann in seiner GmbH oder UG schalten und walten wie er will, dies ist eine typische Eigenschaft eines Unternehmers. Er ist damit kein Arbeitnehmer und von der Pflicht zur Sozialversicherung befreit.
Bei einem Anteil von 49% und weniger am Stammkapital wird ein Gesellschafter, der zugleich auch Geschäftsführer ist, als Arbeitnehmer angesehen. Dies führt zu umfangreichen Pflichten in der Sozialversicherung. Wird bei einer Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung festgestellt, dass der Geschäftsführer nicht als Unternehmer anzusehen ist, sondern als Arbeitnehmer, können die nicht gezahlten Beiträge zur Sozialversicherung für die vergangenen 4 Jahre nachgefordert werden. Da kommen recht schnell Beträge in sechsstelliger Höhe zusammen. Dies kann eine junge Firma in den Ruin führen.
Es ist also darauf zu achten, dass der „Status“ der GmbH-Geschäftsführer, entweder Selbstständiger oder Arbeitnehmer, von Anfang an klar bestimmt wird. Im Zweifel kann bei der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden, um den Status zu klären.
Eine GmbH kann zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck gegründet werden. Dabei sind sowohl wirtschaftliche Zwecke als auch ideelle Zwecke zulässig. Die Gründung kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen. Bei der Einpersonen-GmbH liegen sämtliche Geschäftsanteile in einer Hand. Auch eine „Strohmann-Gründung“ ist möglich, dabei überträgt der „Strohmann“ nach erfolgter Eintragung ins Handelsregister seine Anteile auf den Hintermann.
Auch bei der Einpersonen-GmbH entsteht eine GmbH als juristische Person, so dass das Vermögen des Gesellschafters und das Vermögen der Gesellschaft strikt zu unterscheiden sind.
Der Gesellschaftsvertrag bedarf der notariellen Form. Es bedarf also eines schriftlich festgelegten Vertrages und einer notariellen Beurkundung dieses Vertrages. Dabei kann auch ein Mustervertrag genommen werden.
4. Die Kapitalgesellschaft
The limited liability corporation is the greatest single discovery of modern times. Even steam and electricity are less important than the limited liability corportian.
Übersetzung:
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die größte Erfindung der Neuzeit. Selbst Dampf und Elektrizität sind weniger wichtig als die Aktiengesellschaft.
So beginnt das Buch „Konzernhaftungsrecht“ der Privatdozentin Dr. Susanne Wimmer-Leonhard, Verlag Mohr Siebeck 2004. Das Zitat wird dem ehemaligen Präsidenten der Columbia Universität, Prof. N. M. Butler zugeschrieben. Dr. Wimmer-Leonhard ist Vizepräsidentin des Rechnungshofes von Rheinland-Pfalz.
Der zitierte Satz trifft übrigens sowohl auf die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) als auch auf die Aktiengesellschaft zu. Beide sind juristische Personen und beide haften nur mit ihrem Stammkapital. Die dahinter stehenden Personen haften nur mit ihrer Einlage oder mit dem Wert ihrer Aktien, mehr können sie nicht verlieren. Im Gegenzug haften der Einzelkaufmann oder der Gesellschafter einer Personengesellschaft persönlich, unmittelbar und unbeschränkt, also mit ihrem gesamten privaten Vermögen.
Es war also ein gigantischer Fortschritt, die Haftung zu beschränken. Doch es gibt noch mehr Vorteile. Eine solche Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung kann in jedem Land der Welt gegründet werden. Welches Recht dann wo zu gelten hat, darüber streiten die „Sitztheorie“ und die Gründungstheorie“. Nach der Sitztheorie ist für das zuständige Recht der Verwaltungssitz der Gesellschaft maßgeben. Nach der Gründungstheorie ist die Gesellschaft dem Recht zu unterstellen, in dem sie gegründet wurde.
Der Europäische Gerichtshof lässt für die Gesellschaften der Mitgliedstaaten die Gründungstheorie gelten. Bei Nicht-EU-Staaten soll dagegen die Sitztheorie gelten.
Wie wichtig diese Dinge sind, hat die Juraprofessorin Katharina Pistor in ihrem Buch „Der Code des Kapitals“ deutlich gemacht. Sie stellt noch einmal die Begriffe klar:
„Inkorporation, zu Deutsch Gesellschaft, Körperschaft, beziehungsweise die Gründung einer solchen bedeutet im Wortsinne die Schaffung eines neuen Korpus, einer neuen Person. Die Kapitalgesellschaft gilt als juristische Person und besitzt als solche ihr eigenes Vermögen und kann in ihrem Namen Verträge abschließen, Klagen erheben und verklagt werden.“
Pistor sieht als wesentliche Merkmale der Kapitalgesellschaft drei Eigenschaften an: Der Schutz des Vermögens, die Verlustverschiebung und die Aussicht auf Unsterblichkeit.
Hinzu kommt in der globalen Welt die Möglichkeit des Rechte-Shopping. Die Kapitalgesellschaft ist mobil, solange andere Staaten die nach ausländischem Recht organisierten Rechtsgeschöpfe anerkennen. Das ist in der kapitalistischen Welt der Fall, das hier zutreffende juristische Fachgebiet nennt sich „Internationales Privatrecht“.